Flexible Arbeit – Frei, freier, am freiesten?
Um ein gut funktionierendes Arbeitsmodell zu finden, wurden Gespräche mit den einzelnen Mitarbeitern zu folgender Frage geführt:
„Wie wollt Ihr gerne arbeiten?“
So wurden für jede Unit unterschiedliche Modelle ausprobiert – mit Einverständnis der Führungskräfte.
Das Schwierige an diesem Prozess ist die Suche nach dem idealen Modell. Mit guten Systemen beziehungsweise Modellen arbeiten Menschen gerne unabhängiger und können zeitgleich Unterstützung durch Vorgesetzte und Führungskräfte erfahren. Deshalb haben wir verschiedene Modelle rund einen Monat lang bei laufendem Betrieb getestet. Auf diese Weise wollten wir herausfinden, ob sich die Ideen und Wünsche der Mitarbeiter umsetzen lassen oder ob wesentliche Punkte übersehen wurden. Gleichzeitig wurde so sichergestellt, dass sich alle langsam an die neuen Arbeitszeitmodelle gewöhnen und ihre eigenen Präferenzen herausfinden. Nach den Testphasen und den gesammelten Erkenntnissen wurden in der Agentur folgende Kernpunkte für die Arbeitsweise der Full Mooner eingeführt:
- Im Fokus stehen der Kunde, das Team und die eigenen Aufgaben.
- Es gibt eine Kernanwesenheit von 10 Uhr bis 16 Uhr täglich.
- Home Office können Mitarbeiter in Hinblick auf ihre To Do’s und nach Absprache mit dem Team wahrnehmen.
- Wenn es das Projekt ermöglicht, sollen die Full Mooner sich die benötigte Freizeit nehmen, um Energie zu tanken.
Unsere Full Mooner nutzen seither das Home Office bis zu 50%, wenn überhaupt. Der Austausch mit Kollegen am festen, eigenen Platz in der Full Moon Base ist für viele unverzichtbar, da Full Moon stark von der direkten Vernetzung lebt. Die Full Mooner bestehen deshalb ganz klar auf einen eigenen Arbeitsplatz. Einige arbeiten sogar nur in der Agentur, weil sie auf firmeninterne Systeme zugreifen müssen oder schlichtweg nicht der Typ für Home Office sind.
Es gibt natürlich auch Stimmen, die flexible Arbeit wenig positiv betrachten. In einigen Units wird flexibles Arbeiten nicht oder kaum praktiziert, das Arbeiten nach Aufgaben erst recht nicht. Früher zu gehen, wenn weniger zu tun ist, ist nach wie vor unangenehm. Dazu kommt, dass manche Führungskräfte das Gefühl haben, ihre Mitarbeiter seien weniger "kontrollierbar" und weniger greifbar. Daraus ergibt sich oft noch mehr Kontrolle. Das liegt daran, dass das Gefühl des Kontrollverlustes eine Reaktion hervorruft, die sich negativ auswirkt. Das Problem ist nicht, dass Führungskräfte und Vorgesetzte flexible Arbeitsgestaltung nicht wollen. Es bedarf im Zuge der Arbeitstransformation eines neuen Ansatzes, um Vertrauen in die Mitarbeiter und die Erledigung der Aufgaben zu setzen.
Das Gute ist: Im Gegensatz zu Unternehmen, die deshalb zurückgeworfen wurden oder ganz aufgegeben haben, ist unser Ziel, nicht in dieser Phase zu stagnieren und stehen zu bleiben. Es ist wichtig, dass Mitarbeiter sagen, wenn Dinge nicht funktionieren, damit Lösungen gefunden werden können. Es soll ein neues System erarbeitet werden, das sich den Mitarbeitern allerdings nur anpassen kann, wenn sie involviert werden und sich selbst aktiv beteiligen. Der Arbeitswandel geht jeden von uns etwas an!
Unser Fazit:
Full Moon sagt, dass die Nutzung eines anderen Ortes als des eigenen Arbeitsplatzes freigestellt sein sollte. Kein Zwang oder Wettbewerb zwischen Kollegen. So kann es gut funktionieren! Aber nicht jeder ist für diese Art der Arbeitsgestaltung gemacht. Manche Mitarbeiter möchten gerne flexibel arbeiten, andere Mitarbeiter jedoch nicht. Die Entscheidung sollte den Mitarbeitern frei überlassen sein und nicht auferlegt werden. Das Angebot ist da, die Nutzung jedoch freiwillig.
Doch die Veränderungen beginnen gerade erst. Um final Bilanz zu ziehen und um sich richtig an die neuen Arbeitsmethoden zu gewöhnen, wird unser Modell wohl noch einige Zeit laufen müssen. Viele Full Mooner sagen aktuell, dass sich wenig für sie geändert hat, da sie in der Regel nach wie vor viel arbeiten. Aber die Tatsache, dass das Modell und unsere Arbeitsweise offener und flexibler sind, gibt ihnen das Gefühl, ihre Arbeit freier gestalten zu können. Wir haben festgestellt, dass das Flexibilisieren von Arbeitszeiten nur ein Zwischenschritt in der Veränderung von Arbeitsformen sein kann. Entscheidender ist, dass Menschen in erster Linie ihre Arbeit aus sich selbst heraus einteilen und gestalten. Parallel braucht es genügend Unterstützung vonseiten der Führungskräfte und Vorgesetzten. Zeit tritt dabei als das beherrschende Merkmal, um Leistung zu messen, immer mehr zurück. Wir widmen uns daher einer ganz neuen Form der Zielsysteme, auf die wir demnächst zu sprechen kommen.
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Die verschiedenen Modelle des flexiblen Arbeitens:
Es gibt Teilzeit als klassische Reduzierung der Arbeitszeit. Es gibt Jobsharing, bei dem sich mehrere Personen einen Arbeitsplatz teilen. Es gibt Gleitzeit, bei der Mitarbeiter den Anfang und das Ende ihrer Arbeitszeit rund um die Kernarbeitszeit frei bestimmen. Und es gibt die Vertrauensarbeitszeit. Hierbei arbeiten Mitarbeiter frei nach ihren Aufgaben. Dieses Modell zielt vor allem auf Ergebnisse und nicht mehr auf Präsenz ab. Das Schwierige daran ist allerdings, dass der Mitarbeiter wenig bis kaum greifbar und kontrollierbar ist. Neben der Arbeitszeit wird gerade auch der Arbeitsort variabler. Wir können flexibel entscheiden, vom Büro, von Zuhause oder von einem Café aus zu arbeiten.
Die Möglichkeit zu haben, sich frei in Ort und Zeit seine Arbeit einzuteilen, um Termine wahrzunehmen, Familie und Arbeit oder Privates und Freizeit unter einen Hut zu bekommen, ist eine ideale Ausgangslage für Arbeit 4.0.
Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft verlangt Umdenken:
Aufgrund des demografischen Wandels, bei dem mehr ältere Menschen aus Unternehmen ausscheiden als junge Mitarbeiter nachkommen, herrscht akuter Fachkräftemangel. Parallel verändert sich der bisherige Prozess, in dem die Firmen ihre Mitarbeiter auswählten. Denn die sogenannte Generation Y – alle zwischen 1980 und 2000 Geborenen – trifft jetzt die Entscheidung und wählt ihren Arbeitgeber. Diese Generation hat als extrem leistungsorientierte und leistungsstarke Generation ganz bestimmte Vorstellungen von der Arbeitswelt. Für diese Generation, die in Zeiten des digitalen Wandels und mit veränderten Strukturen aufgewachsen ist, müssen Unternehmen umdenken. Dieses Umdenken beinhaltet, sich auf dem Markt und gegenüber der Konkurrenz durch ein besseres Arbeitsklima, ein produktiveres Arbeitsumfeld und leichteres Übereinkommen von Arbeit und Privatleben einen Vorteil zu verschaffen.
Vorteile für beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber:
Durch Teilzeitarbeit oder Jobsharing können Beschäftigte gehalten werden, die beispielsweise aufgrund von Elternzeit, Weiterbildungen oder einem berufsbegleitenden Studium ihre Erwerbstätigkeit in einer Vollzeitstelle nicht weiterhin ausüben können. Darüber hinaus haben Unternehmen einen größeren Spielraum beim Personaleinsatz und können somit auch vorübergehende wirtschaftliche oder personelle Schwankungen ausgleichen. Der Arbeitgeber wird flexibler, genauso wie der Arbeitnehmer. Wenn Mitarbeiter ihre Arbeitszeit freier wählen, können sie sich an ihren eigenen Rhythmus anpassen: Frühaufsteher können früher kommen, wenn noch wenig los ist, und ihre To Do’s produktiver abarbeiten. Ebenso wie Mitarbeiter, die später auf der Arbeit erscheinen, da sie erst zu fortgeschrittener Stunde richtig produktiv werden. Auch kann ein Angestellter am Tag X von zuhause aus arbeiten, da er sich hier wesentlich besser auf ein To Do konzentrieren kann als im Großraumbüro.
Die Schwelle zwischen Theorie und Praxis:
Für Unternehmen ist es eine enorme Umstellung und ein großer Aufwand, plötzlich alle alten Strukturen über den Haufen zu werfen. Eine gewaltige Welle der Umgewöhnung rollt auf alle Beteiligten zu. Plötzlich arbeitet ein Mitarbeiter vermehrt im Home Office oder ist häufiger unterwegs und arbeitet von dort aus. Für den Vorgesetzten ist es noch befremdlich, wenn sein Team mehr abwesend ist und er Aufgaben und Leistung deshalb weniger kontrollieren kann. Und auch Mitarbeiter fragen sich: Arbeitet mein Kollege wirklich oder macht er sich einen entspannten Tag daheim? Vertrauen in die Leistung ist an dieser Stelle nötig; Kontrolle der Arbeitszeit hingegen fehl am Platz. Obendrein verschwimmen die Strukturen immer mehr. Mitarbeiter sind grundsätzlich überall erreichbar. Es besteht die Gefahr, dass Mehrarbeit und Überstunden überhand nehmen – seien sie vom Arbeitgeber gewollt oder vom Arbeitnehmer ohne Absprache unwissend gemacht. Vermehrtes Arbeiten von zu Hause aus kann außerdem zu zunehmender Isolation führen – kann, muss aber nicht. Das WIE ist entscheidend. Eine Studie von Microsoft und Gallup aus dem Jahr 2012 legte Regeln fest, um einen reibungslosen Prozess zu garantieren: Hierbei soll die Nutzung der flexiblen Arbeit jedem freigestellt sein, weil sich niemand gezwungen fühlen soll. Dem Arbeitgeber darf nichts anderes übrig bleiben, als seinen Mitarbeitern zu vertrauen und sie anhand von Leistungen und nicht anhand der Anwesenheit zu beurteilen. Dennoch wird ihnen angeraten, die Führung nicht zu vernachlässigen, die Fürsorgepflicht ihnen gegenüber ernst zu nehmen und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Die richtige Kommunikation sei hierbei das A und O.
Eine Frage bleibt:
Ist ein fester Arbeitsplatz im Jahr 2017 – fast 2018 – überhaupt noch nötig? Immerhin kann aufgrund der Digitalisierung mittlerweile fast alles von irgendwo aus erledigt werden. 2016 ermöglichten 61% aller deutschen Unternehmen Mitarbeitern mobiles Arbeiten, indem sie mobilen Internetzugang beispielsweise über Smartphone oder Tablet bereitstellten. In 80% dieser Unternehmen hatten Mitarbeiter Zugriff auf das interne E-Mail-System. Die Möglichkeit, an internen Dokumenten zu arbeiten, jedoch nur noch 44%. Und 36% konnten räumlich flexibel auf die firmeninterne Software zugreifen und damit arbeiten. Der Anteil dieser Unternehmen steigt mit der Größe an. Im Verhältnis zu 2014 stieg die Anzahl um 10%.
Unternehmen werden im Zuge des Wandels kreativ und probieren sich aus! So bietet die Siemens AG ihren Mitarbeitern „Mobile Working“. Arbeitnehmer, die keinen Büroplatz mehr bekommen, müssen oder dürfen ins Home Office oder ins Café ausweichen. Laut Christian Scholz, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität des Saarlandes, geht der Entzug eines festen Schreibtischplatzes jedoch an den Wünschen der Mitarbeiter komplett vorbei. Arbeitgeber haben bei allen Anpassungen stets die Generation Y vor Augen. Die nächste Generation, die Generation Z mit allen ab 1995 Geborenen, ist völlig anders. Sie braucht gewisse Strukturen und Ordnung. Generation Z betrachtet ihren Arbeitsplatz als zweites Zuhause, an dem sie sich wohlfühlen möchte. Der Schreibtisch ist somit das eigene Territorium. Beraubt man dieser Generation dieses Platzes, entsteht ein Gefühl von Ablehnung, Unbehagen und Abwehr.
Ihr habt Fragen zum Thema? Dann schreibt einfach eine E-Mail an Alexandra Donath: alexandra(at)fullmoon.de